Dienstag, 24. Juli 2012

Little Odessa

"Little Odessa" ist ein Film von James Gray (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1994 und gleichzeitig das sehr bemerkenswerte Regiedebüt des damals erst fünfundzwanzigjährigen Gray.

Joshua Shapira (Tim Roth) ist ein Auftragskiller, der seine Jobs schnell und präzise erledigt. Sein neuer Auftrag führt ihn gegen seinen Willen nach Brighton Beach, New York, seiner alten Heimat. Dort lebt seine Familie, die er seit Jahren nicht gesehen hat, seit sein Vater ihn verstoßen hat. Und dort herrscht Boris Volkoff (Paul Guilfoyle), der mit Joshua noch eine offene Rechnung hat.

Kaum im Viertel angekommen, wird Joshua von Sasha (David Vadim) bemerkt, der Joshuas jüngeren Bruder Reuben (Edward Furlong) gleich davon in Kenntnis setzt. Reuben vergöttert und idealisiert seinen großen Bruder und will ihn unbedingt treffen. Zu Hause ist die Stimmung am Boden. Die Mutter Irina (Vanessa Redgrave) liegt schwerkrank im Bett, schreit vor Schmerzen und stirbt langsam und qualvoll an einem Gehirntumor. Der Vater Arkady (Maximilian Schell) kümmert sich so gut es geht um seine Familie, flüchtet aber immer öfter zu seiner jüngeren Geliebten Natasha (Natalya Andreychenko).

Joshua trifft sich mit Sasha und seinen Freunden, um sie für seinen Auftrag anzuheuern. Ein russischer Juwelier soll beseitigt werden. Mit Reubens Hilfe besucht er auch seine Mutter, die immer mehr verfällt. Es kommt auch zu einer Auseinandersetzung mit seinem Vater, die für beide unerfreulich ist. Arkady steht bei Boris Volkoff in der Schuld und muss eine Entscheidung treffen, die schwere Folgen haben wird.

Kurze Momente des Glücks findet Joshua bei seiner früheren Freundin Alla (Moira Kelly), doch die vergehen viel zu schnell und die brutale Wirklichkeit holt die beiden ein. Der anschließende Showdown und das stumme Ende lassen den Zuschauer fröstelnd zurück.

"Little Odessa" ist der Name des Viertels Brighton Beach, in dem viele russische Juden eine neue Heimat gefunden haben und doch ihrer alten Heimat immer noch nachtrauern, jedenfalls die meisten älteren Bewohner. James Gray lässt seinen Film im kalten Winter spielen, alles ist eisig und unbarmherzig, die Gefühle sind erfroren. Es gibt nur kaum spürbare Anzeichen von Glück, der Tod hängt in der Luft und ist gnadenlos und unausweichlich.

Der Film ist traurig, bedrückend und tragisch und es ist kein Vergnügen, sich das anzuschauen, aber trotzdem möchte ich dieses Werk jedem Filmfreund sehr ans Herz legen. Das ist ein kleines und leider übersehenes Meisterwerk, das man nicht verpassen sollte.

Was soll man noch zu dieser Besetzung sagen? Tim Roth ist eine Offenbarung als schweigsamer Killer mit Herz, Vanessa Redgrave spielt sowieso in einer besonderen Liga und Maximilian Schell und Edward Furlong liefern Bestleistungen ab. Herrje, hier stimmt einfach alles, nur die Zuschauerzahlen nicht. Ich habe diesen Film 1995 das erste Mal gesehen und seitdem nie wieder vergessen. Ganz große Empfehlung.

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